Ende April 2009 wählte die Mitgliederversammlung des Bauordens Dr. Johann Cassar zum neuen Vorsitzenden des Vereins. Der gebürtige Tiroler ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt im badischen Seckach. Wir haben ein Interview mit ihm geführt, um mehr über den Menschen Johann Cassar zu erfahren, aber auch um seine Visionen und Pläne für die Zukunft des Bauordens kennen zu lernen.
Was verbindet Sie mit dem Bauorden?
Durch meine Tätigkeit als Leiter des Jugenddorfes Klinge in Seckach habe ich erfahren, wie hilfreich der Bauorden über 20 Jahre beim Aufbau in unserer Einrichtung und vielen anderen Einrichtungen gewirkt hat. Noch heute gibt es Kontakte zu ehemaligen Baugesellen aus Holland, Frankreich, Belgien usw. Besonders beeindruckt hat mich die Aussage von Romano Prodi bei seinem Besuch 2001 in der Klinge, dass er bei seinem Bauordeneinsatz 1958 zum ersten Mal – durch die internationale Teilnehmerbesetzung – die Idee eines gemeinsamen Europas der Nationen bekommen hat. Es ist wirklich einmalig, welchen Beitrag der Bauorden in der Nachkriegszeit für die Völkerverständigung geleistet hat. Und mir gefällt, was der Bauorden heute macht.
Warum haben Sie für das Amt des Vorsitzenden beim Bauorden kandidiert?
Die Entscheidung war nicht leicht für mich, insbesondere stellte ich mir natürlich auch die Frage, ob ich die Erwartungen erfüllen kann. Letztendlich habe ich dann aus dem Bauch heraus entschieden zu kandidieren. Wichtig war auch, dass ich Herrn Runck seit vielen Jahren als Geschäftsführer und verlässlichen, engagierten Menschen schätze. Jetzt hoffe ich, mit meinen Kontakten, mit meinen Erfahrungen für den Bauorden nützlich sein zu können.
Erzählen Sie uns doch bitte etwas über sich. Wer ist Dr. Johann Cassar?
Ich bin in 1947 Innsbruck geboren und dort aufgewachsen. Ich hatte eine einfache, aber unbeschwerte Kindheit. Zu meinen Eltern hatte ich ein unerschütterliches Vertrauen. Mein Vater war Eisenbahner und meine Mutter eine tolle Hausfrau. Nach heutigen Maßstäben waren wir arm, aber es mangelte uns an nichts, z. B. Auto, Urlaub, Taschengeld gab es nicht, aber ein gutes Familienleben. Ich war der einzige von vier Geschwistern, der studiert hat. Die anderen drei hätten es auch können, aber sie haben andere Berufe gewählt. Mein Studium in Innsbruck habe ich durch Taxi fahren verdient. Sehr früh war ich bei den Ministranten, dann bei der katholischen Jugend, in der Marianischen Kongregation, im Kirchenchor, später in einer katholischen Studentenverbindung aktiv. 1980 kam ich endgültig nach Deutschland. Erst hier kam ich mit der Ökumene in Berührung. Beim Bauorden findet Ökumene ganz praktisch statt; das ist mir wichtig.
Ich bin ein Familienmensch. Verheiratet seit über 30 Jahren mit meiner Frau Renate, wir haben drei Kinder, mit deren Entwicklung wir sehr zufrieden sind. Meine Frau hat vor unserer Heirat 15 Jahre als Sekretärin gearbeitet und war dann ab dem ersten Kind immer zu Hause. Alle drei Kinder haben studiert und sind mittlerweile berufstätig – einen Enkel haben wir auch schon. Eine gute Ausbildung der Kinder, das ist meine feste Überzeugung, ist die beste Investition, die man tätigen kann!
Ihre Hobbys? Ihre Interessen?
Meine Hobbys sind klassische Musik, Lesen, Skifahren. Ich interessiere mich auch sehr für Geschichte, insbesondere für das Judentum.
Was machen Sie beruflich?
Ich habe in Innsbruck Psychologie, Erziehungswissenschaft und Philosophie studiert und promoviert. Ich habe eine Zusatzausbildung in systemischer Therapie und Supervision.
Seit Abschluss meines Studiums bin ich im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe tätig, als Psychologe und Einrichtungsleiter. Seit 11 Jahren bin ich Leiter des Kinder- und Jugenddorfes Klinge in Seckach. Eine sehr schöne und befriedigende Aufgabe.
Was ist Ihnen im Leben wichtig?
Ich hatte immer das Glück, begnadeten und authentischen Priestern zu begegnen. Ich bin ein gläubiger Christ und habe ein großes Gottvertrauen. „Wer glaubt, der kann nicht stürzen“. Meine Familie, gute Freunde, Zufriedenheit und Demut ( ..denn die Größe ist gefährlich und der Ruhm ein leerer Wahn“, Grillparzer in „Der Traum ein Leben“), Gesundheit so wie in den ersten 60 Jahren!
Was gefällt Ihnen beim Bauorden?
Die Arbeit an sozialen Projekten, die Internationalität. Die jungen engagierten Menschen. Geringer Aufwand – großer Nutzen! Klein aber fein!
Vor welchen Aufgaben steht der Bauorden in den nächsten Jahren?
Die Arbeit des Bauordens muss weiter finanziell abgesichert werden. Die Seniorenarbeit sollte weiter ausgebaut werden. Ehemalige Baugesellen als ideelle und materielle Förderer gewinnen.
Welche Vision haben Sie für den Bauorden?
Dass wir das Jubiläum zum 75jährigen Bestehen zünftig feiern können!