Aber Halt, alles der Reihe nach:
Matratzen, Matratzen und nochmals Matratzen durften wir an einem wunderbar warmen Maitag des letzten Jahres in die dritte Etage des altehr- und sanierungswürdigen „Schweizer Hofs“ in der Heinrich-Fuchs-Straße 85 in Heidelberg schleppen. Ein „Internationales Baucamp“ werde dort gastieren und mit den ersten Renovierungsarbeiten beginnen (…) Hinter dem Baucamp verbarg sich der mir bis dahin unbekannte Internationale Bauorden: Der Bauorden unterstützt Bau- und Renovierungsprojekte gemeinnützig tätiger Einrichtungen in ganz Europa und organisiert dort diese so genannten „Baucamps“.
Eines der deutschen Projekte war nun die Sanierung des „Schweizer Hofs“, einem Begegnungszentrum für Menschen mit und ohne Behinderungen. Die freiwilligen Teilnehmer sind überwiegend junge Menschen aus den verschiedensten Ländern Europas, die ihre Semesterferien oder Urlaubstage mal etwas anders verbringen möchten. Sie arbeiten rund acht Stunden am Tag; ohne Bezahlung, nur für Unterkunft und Verpflegung. Und manchmal, wie in unserem Fall, auch für ein umfangreiches Freizeit- und Kulturprogramm. So ist man nicht nur als Tourist im Land, sondern richtig in das dortige Umfeld eingebunden. Nachdem ich mein Praxissemester bei den Diakonischen Hausgemeinschaften absolviert hatte und nach einigen Wochen gut erholt aus dem Urlaub zurückkehrte, beschloss ich, mich für die restlichen Semesterferien dem Baucamp anzuschließen. Aus dieser Zeit möchte ich nun ein wenig berichten.
Die immerwährende gute Laune der Polinnen
Als ich zum Baucamp stieß, waren junge Männer und Frauen aus Polen, Italien, Österreich und Deutschland unter den Teilnehmern. In früheren Baucamps waren auch Teilnehmer aus Tschechien, Litauen und Russland, also hauptsächlich osteuropäischen Ländern, dabei. Der Tag begann mit dem gemeinsamen Frühstück. Auffallend hierbei war vor allem die scheinbar immerwährende gute Laune unserer polnischen Teilnehmerinnen. Selbst früh morgens, wenn wir anderen noch schlaftrunken und brummig über unseren Kaffeetassen hingen, wurde hemmungslos gelacht und gescherzt. Was natürlich ansteckte. Auf der Baustelle angekommen, nahmen wir auch schon ganz routiniert unsere jeweilige Arbeit auf. Oft waren noch Arbeiten vom Vortag fortzusetzen, ansonsten hatten unsere „Bauleiter“ Markus Franz und Nicolae Gilla immer etwas Neues parat. Selbst mir, der ich zwei linke Hände und einen leidenschaftlichen Hang zur „Schusselichkeit“ habe, gelang es, mich wirkungsvoll einzubringen. Besonders bei Zerstörungsarbeiten konnte ich Akzente setzen.
Arbeitseifriges Gewusel
Es war wirklich viel Leben im Haus. Von hier hörte man Hämmern, von dort Gelächter; verschwitzte und verstaubte Gestalten wuselten arbeitseifrig durch die Gegend. Zum Mittagessen ging’s dann wieder ins Markusforum. Dem Küchenteam gelang es doch tatsächlich immer wieder aufs Neue, unsere beinahe unersättlichen Mäuler zu stopfen. Wir alle langten kräftig zu. Die Mittagspause war für uns Baucampteilnehmer auch immer Gelegenheit, mit Besuchern und Mitarbeitern der Hausgemeinschaften in Kontakt zu kommen. Auch hier herrschte lebhaftes Treiben. Mit vollem Magen und der üblichen „nach-dem-Essen-Motivation“ ging’s zurück auf die Baustelle.
Feierabend: Kultur und Freizeit
Nach Feierabend begann dann der Kultur- und Freizeitteil. Wie bei den vorherigen Baucamps gab man sich auch hier wirklich viel Mühe. So besichtigten wir unter anderem das Heidelberger Schloss, besuchten das Zimmertheater oder machten einen Sonntagsausflug nach Speyer. Natürlich durften auch Kneipenbesuche in der beschaulichen Altstadt und Abstecher in die eine oder andere Diskothek nicht fehlen. Gerade hierbei bot sich die beste Gelegenheit, die Teilnehmer einmal abseits der Bauaktivitäten kennen zu lernen. Was manchmal doch so einiges Überraschendes zutage förderte.
Baucamp-Esperanto
Besonders amüsant waren die sprachlichen Annäherungsversuche. Hier schnappte man ein paar Fetzen Italienisch auf, dort ein wenig der exotischen österreichischen Sprache. Und natürlich Polnisch, ganz wichtig. Auf Schmierzetteln entstanden Wörterbücher, die wir ständig mit uns herumtrugen und bei Gelegenheit um das ein oder andere Sätzchen ergänzten. Vor lauter Verwirrung redete ich ab und zu auch deutsche Helfer auf Polnisch an. Wenn das nicht Völkerverständigung ist. Der europäische Gedanke konsequent und praxisnah umgesetzt, weit ab von Verfassungskrise und Erweiterungsstreitereien. Doch auch im Baucamp bleibt die Zeit nicht stehen. Der Abschied rückte unaufhaltsam näher. Trotz der langsam einsetzenden Kälte diente der „Schweizer Hof“ erneut als Austragungsort unseres berauschenden Abschiedsgrillfestes. Gemeinsam ließen es Baucampteilnehmer und „Hausgemeinschaftler“ ein letztes Mal zünftig krachen. Dank musikalischer Untermalung sah man zu vorgerückter Stunde sogar den ein oder anderen das Tanzbein schwingen (bzw. mit dem Rollstuhl kreisen).
Ein herzlicher Abschied
Erschöpft und von den Strapazen der letzten Nacht gezeichnet ging es am nächsten Morgen zum Bahnhof. Wir verabschiedeten uns herzlich, tauschten noch rasch einige E-Mail-Adressen aus und verschwanden dann in unseren Zügen. Als Mannheimer hatte ich zwar den kürzesten Weg von allen, gefühlt aber war es die wohl längste Zugfahrt meines Lebens. Die Baucamps waren in allen Belangen eine wirklich gute Sache. Es hat nicht nur Spaß gemacht, gemeinsam zu arbeiten, sondern auch wirklich großen Fortschritt auf dem „Bau“ gebracht. Fast schon schade, aber das Projekt in der Heinrich-Fuchs-Straße wird vermutlich irgendwann fertig gestellt sein. Aber zunächst werden in diesem Jahr die Baucamps fortgesetzt. Seit Februar sind die internationalen Helfer vom Bauorden wieder hier bei uns in Heidelberg und es werden im Sommer noch einige Baulager folgen. Soweit ich kann, werde ich dabei sein. Denn nirgends macht Arbeit soviel Spaß wie beim Bauorden.
Nachtreffen: Lust auf mehr!
Bei einem Helfertreffen im Oktober kamen in Worms Bauorden-Freiwillige aus dem gesamten Bundesgebiet zu einem Auswertungstreffen zusammen. Spannende Berichte von Bauwochen aus Litauen, Estland, Russland, Kroatien und vielen anderen europäischen Ländern waren zu hören. Bilder wurden gezeigt, Erfahrungen ausgetauscht. Das machte richtig Lust auf mehr. Mir hat es gut gefallen, wie der Bauorden die Freiwilligen mit einbezieht in die Arbeit und die Anregungen aufnimmt und reflektiert. Und die Vereinsmitglieder und Vorstände des Bauordens sind keine Herren im Anzug oder Damen im Kostüm, sondern ehemalige Teilnehmer, die wissen, was auf einem Baulager Sache ist. An dem Treffen nahmen auch etliche Senioren teil: Jung und alt, ich meine natürlich jung und etwas älter: beim Bauorden kein Problem. Ich wurde in diesen Tagen, so glaube ich, zu einem richtigen Bauorden-Fan (wenn ich das nicht schon vorher war). Einen einzigen Nachteil hat der Bauorden: Er macht süchtig…
Pädagogik ohne große Worte
Beim Bauorden kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen und es gibt auch kein ideologisches Überkonzept, dem sich alle unterordnen müssen. In einer Beschreibung des Bauordens heißt es: „Für viele Teilnehmer bedeutet ein Bauordeneinsatz praktisches Christ-Sein. Für andere ist es die Möglichkeit zu sozialem Engagement. Beim Bauorden ist Platz für beides“. Genau so habe ich die Baucamps in Heidelberg erlebt.
Interkulturelles Lernen, Hilfe zur Selbsthilfe, Partizipation, Ehrenamtlichkeit. In meinem Studium sind das manchmal nur Schlagworte und graue Theorie. In den Baucamps des IBO wird das alles aber schnell greifbar und Realität. Pädagogik ohne große Worte.
Für die Diakonischen Hausgemeinschaften waren die Baulager im vergangenen Jahr ungeheuer wertvoll. 2005 organisierte der Bauorden in Heidelberg insgesamt sieben Baucamps mit 98 (!) Helfern. In diesem Jahr waren im Februar und März bereits zwei internationale Helfergruppen aktiv, und es sind für den Sommer und Herbst noch weitere Baucamps geplant. Ich freue mich darauf, einige bekannte Gesichter wieder zu sehen. Dem Bauorden wünsche ich eine erfolgreiche Baulagersaison.
Michael (25) aus Mannheim studiert nach einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann in Ludwigshafen im 5. Semester Sozialpädagogik. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter der „Diakonischen Hausgemeinschaften“ in Heidelberg „entdeckte“ er im Mai 2005 den Bauorden.
Translation
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The Bauorden – Virus has caught me….
But wait a minute. Let’s do it in sequence.
Mattresses, mattresses and mattresses were dragged to the third floor of the old „Schweizer Hof“ in Heinrich-Fuchs-Straße 85 in Heidelberg on a wonderfully warm May day last year. An „International Building Camp“ will be a guest there and start with the first renovation works (…) Internationaler Bauorden, which was unknown to me until then, hid behind the building camp: Bauorden supports construction and renovation projects of non-profit institutions throughout Europe and organizes these so-called „Building Camps“ there.
One of the German projects was the redevelopment of the „Schweizer Hof“, a meeting centre for people with and without disabilities. The volunteers are mainly young people from different European countries who would like to spend their semester break or holidays in a different way. They work about eight hours a day, without payment, for accommodation and meals only. And sometimes, as in our case, also for an extensive leisure and cultural program. So you are not only a tourist in the country, but also properly integrated into the local environment. After completing my practical semester at the Diakonisches Hausgemeinschaften and returning from vacation after a few weeks of rest, I decided to join the Baucamp for the rest of the semester break. I would now like to report on this period.
The everlasting good mood of the Polish women
When I joined the construction camp, young men and women from Poland, Italy, Austria and Germany were among the participants. In former construction camps participants from the Czech Republic, Lithuania and Russia, mainly Eastern European countries, were also present. The day began with breakfast together. What was particularly striking was the seemingly constant good mood of our Polish participants. Even early in the morning, when we were still sleeping and mockingly hanging over our coffee cups, people laughed and joked unrestrainedly. Which, of course, was infectious. Once we arrived at the construction site, we started our respective work quite routinely. Often we had to continue work from the previous day, otherwise our „construction supervisors“ Markus Franz and Nicolae Gilla always had something new to offer. Even me, who has two left hands and a passionate penchant for „laxness“, was able to bring me in effectively. I was able to set accents, especially during destructive work.
Bustle of work
There was a lot of life in the house. From here one heard hammers, from there laughter; sweaty and dusty figures bustled through the area. For lunch we went to the Markusforum again. The kitchen team has always managed to fill our almost insatiable mouths again and again. We all landed strong. The lunch break was always an opportunity for us Baucamp participants to get in touch with visitors and employees of the house communities. Here, too, there was lively activity. With a full stomach and the usual „after-dinner motivation“ we went back to the construction site.
Evening off work: Culture and leisure time
After work, the cultural and leisure activities began. As with the previous construction camps, a lot of effort was put into this. We visited the Heidelberg castle, visited the theatre in the rooms or made a Sunday excursion to Speyer. Of course, visits to pubs in the contemplative old town and excursions to one or the other discotheque were also a must. This was the best opportunity to get to know the participants outside of the construction activities. Which sometimes brought out some surprising things.
Camp-Esperanto Building Camp
The linguistic advances were particularly amusing. Here they picked up a few shreds of Italian, there a little bit of the exotic Austrian language. And of course Polish, very important. On smears we created dictionaries, which we carried around with us all the time and on occasion we added to one or two sentences. I was confused and occasionally spoke to German helpers in Polish. If that’s not international understanding. The European idea has been consistently and practically implemented, far removed from the constitutional crisis and the controversy over enlargement. But even in the construction camp time does not stand still. The farewell came inexorably closer. Despite the slow onset of cold weather, the „Schweizer Hof“ once again served as the venue for our intoxicating farewell barbecue party. Together, the participants of the construction camp and the „house community members“ crashed for the last time. Thanks to the background music, one could even see some people swinging their legs at an advanced hour (respectively circling with the wheelchair).
A hearty farewell
Exhausted and marked by the strains of the last night we went to the station the next morning. We said goodbye, exchanged some e-mail addresses and disappeared in our trains. As a man from Mannheim I had the shortest way of all, but felt it was probably the longest train ride of my life. The construction camps were a really good thing in all respects. It was not only fun to work together, but also a great step forward on the construction side. Almost a pity, but the project in Heinrich-Fuchs-Straße will probably be finished sometime. But for the time being, the construction camps will be continued this year. Since February, the international helpers from Bauorden have been back here with us in Heidelberg and there will be some construction sites in the summer. As far as I can, I’ll be there. Nowhere else is work as much fun as at the Bauorden.
Reunion: A desire for more!
At an auxiliary meeting in October, Bauorden volunteers from all over Germany met in Worms for an evaluation meeting. Exciting reports of construction weeks from Lithuania, Estonia, Russia, Croatia and many other European countries were heard. Pictures were shown, experiences were exchanged. That really made you want more. I liked the way Bauorden includes volunteers in their work and takes up and reflects on the suggestions. And the club members and board members of the Bauorden are not gentlemen in suits or ladies in costumes, but former participants who know what’s going on at a construction site. The meeting was attended by a number of senior citizens: young and old, I mean, of course, young and somewhat older: no problem with the Bauorden. I became, I think, a real Bauorden fan these days (if I haven’t been before). The only disadvantage of the Bauorden is that it is addictive…
Pedagogy without big words
Bauorden brings together all kinds of people and there is no ideological overconcept to which everyone has to submit. A description of Bauorden states:“For many participants, a Bauorden means practical Christianity. For others, it is the opportunity for social engagement. With Bauorden there is room for both „. That’s exactly how I experienced the construction camps in Heidelberg.
Intercultural learning, self-help, participation, volunteering. In my studies, these are sometimes just buzzwords and grey theory. In the construction camps of the IBO, however, all this quickly becomes tangible and reality. Pedagogy without big words.
For the Diakonisches Hausgemeinschaften, the construction sites were tremendously valuable last year. In 2005, Bauorden in Heidelberg organized a total of seven construction camps with 98 (!) Helpers. This year, two international aid groups were already active in February and March, and further construction camps are planned for the summer and autumn. I look forward to seeing some familiar faces again. I wish Bauorden a successful Workcamp season.
Michael
Michael (25) from Mannheim, Germany, after completing an apprenticeship as an insurance broker in Ludwigshafen, is studying in the 5th semester of his studies. Semester social pedagogy. As a volunteer of the „Diakonisches Hausgemeinschaften“ in Heidelberg „he discovered“ the building order in May 2005.
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